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Den Blick für Kunden schärfen – wie Wahrnehmung die Kundenorientierung beeinflusst

 

© Jimena / stock.adobe.com

Die Sprache im Verkauf arbeitet mit „sinnlichen“ Bildern: die Welt mit den Augen der Kunden sehen, sich in die Schuhe des Kunden stellen, auf Kunden eingehen – so lauten die Aufforderungen an die Wahrnehmungsfähigkeit im Verkauf. Aber wie macht man das? Wie vermeidet man leere Worte? Wie macht man daraus volle Taten? Der Beitrag gibt erprobte Hinweise aus der Praxis.

 

Wahrnehmung steuert Zufriedenheit und Enttäuschung für Kunden und Verkäufer

Wenn es zwischen Verkäufer und Kunden schlecht läuft, liegt die wirkliche Ursache meist nicht an der Produktqualität sondern an der Wahrnehmungsqualität – an der Fähigkeit, Kunden zu sehen, zu hören, zu spüren. Diese Fähigkeit macht Kundenorientierung für Kunden erlebbar.

Viele Verhaltensappelle an Verkäufer sind in Bildsprache formuliert und sprechen die Sinne an: mit den Augen der Kunden sehen, in den Schuhen der Kunden stehen, auf Kunden eingehen, Bedarf wecken, Nutzen stiften. Und sie bleiben trotzdem oder gerade deswegen leere Worte. Zur Umsetzung dieser Postulate wäre eine Präzisierung hilfreich:

  • Worauf schauen, um die Dinge mit den Augen der Kunden zu sehen?
  • Wohin stellen, um in den Schuhen der Kunden zu stehen?
  • Wohin gehen, um auf Kunden einzugehen?
  • Woran rütteln, um Bedarf zu wecken?

Zur Beantwortung dieser Fragen und zur Umsetzung in die tägliche Arbeit ist ein Perspektivenwechsel notwendig. Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns nun endlich Taten sehen!

Wahrnehmungsfähigkeit ist erfolgsentscheidend

Wahrnehmung ist gelenkte Aufmerksamkeit. Perspektivenwechsel heißt daher, die Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken als gewohnt: Wahrnehmung anders anschauen.

Wahrnehmung im Verkauf geht in verschiedene Richtungen. Der Verkäufer muss die Kunden sehen und er muss von den Kunden gesehen werden. Die Kunden müssen vom Verkäufer gesehen werden und den Verkäufer sehen. Dazwischen steht die eigentliche Funktion des  Verkaufs: Kunden sehend machen. Kunden sehen ja nicht immer sofort die Nützlichkeit des Produktes oder der Dienstleistung.

„Die Kunst ist nicht, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Tür zu finden.“ Die Tür zu Märkten und Kunden früher zu sehen ist die entscheidende Fähigkeit zum Erfolg. Danach kommt die Fähigkeit, schneller durch die Tür zu gehen. Um durchgehen zu können, muss ich die Tür zuerst erkennen. Oder wie Positionierungsexperte Jack Trout schrieb: „Marketing ist kein Kampf der Produkte, Marketing ist ein Kampf der Wahrnehmungen.“ Wahrnehmungsfähigkeit ist erfolgsentscheidend.

Wahrnehmung ist von Interesse abhängig

Wahrnehmungsfehler können durch Defekte der Sinnesorgane entstehen. Oft haben sie einfach mentale Gründe: Was erkannt wird und wie schnell es erkannt wird, ist eine Frage der Einstellung und des Interesses. Schärfe und Weite des Blicks für Kunden hängen vom Interesse an Kunden ab. Sehe ich im Kunden den Menschen oder den Umsatzbringer? Man sieht das, was einem wichtig ist. Interesse beeinflusst Wahrnehmungsfähigkeit beeinflusst Verhalten.

Kundenorientierungskampagnen scheitern meist am mangelnden Interesse an Kunden. Mangel an kundenorientiertem Verhalten ist selten Unfähigkeit sondern einfach Desinteresse und damit verbunden mangelnde Arbeitsfreude.

Die Steigerung des Interesses an Kunden als Menschen setzt eine Erfolgsspirale in Gang: Steigerung des Interesses – Steigerung der Wahrnehmungsfähigkeit – Steigerung der Kundenzufriedenheit – Steigerung des Markterfolgs – Steigerung der Arbeitsfreude – Steigerung des Interesses – Steigerung der Wahrnehmungsfähigkeit …

Wie lässt sich diese Erfolgsspirale ins Laufen bringen? Einfach dadurch, dass man den Blick für Kunden in 3 Schritten schärft und aus leeren Worten starke Taten macht:

  1. Mit den Augen der Kunden sehen
  2. Auf Kunden eingehen
  3. Kunden Nutzen stiften

Mit den Augen der Kunden sehen

Verkäufern fehlt oft der Durchblick. Verkäufer schauen durch die Verkäuferbrille und sehen durch diese Brille das Falsche: das Produkt, mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Kunden sehen nicht das Produkt. Kunden haben ein Leben vor dem Produkt und ein Leben nach dem Produkt. Verkäufer sollten sich mit diesen Vorstellungen vom Davor und Danach beschäftigen und nicht mit dem Dazwischen, dem Produkt. Die Dinge mit den Augen des Kunden sehen heißt, die Vorstellung des Kunden auch als Verkäufer im Kopf zu haben.

Stellen sie sich den Kunden vor, wenn er ihr Produkt verwendet. Reden Sie mit ihm über diese Vorstellungen. Gleichen Sie die beiden Vorstellungen an. Das ermöglicht ihnen, den Kunden in seiner Vorstellung zu bestärken und kreativ zu machen.

So können Sie mit dem Kunden mitdenken. Mitdenken ist leichter als man denkt. Sie müssen die Sache nur zu Ende denken. Die Schlüsselfrage lautet: „Was kommt danach?“ Doch viele Verkäufer fragen nur: „Ist es recht?“ Mitdenken heißt, Kunden zu Ende denken statt zu Tode reden.

Wie geht das Leben des Kunden weiter – mit dem Produkt, ohne das Produkt? Um mit den Augen des Kunden zu sehen, muss ich als Verkäufer sein Leben vor meinem Produkt betrachten.

Auf Kunden eingehen

Die Beziehung von Kunden und Verkäufern ist im Wesen ein Frage-Antwort-Spiel: Kunden stellen Fragen, Verkäufer beantworten Fragen. Verkäufer stellen Fragen, Kunden beantworten Fragen. Durch Fragen werden Verkäufer sehend und machen Kunden sehend. Dumm gelaufen, wenn Verkäufer die falsche Frage beantworten und die falschen Fragen stellen.

Kunden stellen eigentlich zwei Fragen: eine sich selbst und eine dem Verkäufer.   Der Kunde stellt sich eine Frage und formuliert seine Antwort gegenüber dem Verkäufer als Frage: „Wie werde ich bewundert? – Mit einem schnellen Auto! – Haben Sie schnelle Autos?“. „Ja!“ ist die richtige Antwort auf die falsche Frage. Der Verkäufer sollte sich mit dem Wunsch nach Bewunderung beschäftigen und nicht nur mit dem Auto.

Stellen Sie dazu die richtigen Fragen: „Warum?“ und „Wozu?“, die Fragen nach Grund und Zweck des Kaufs. Die bewusste Unterscheidung lenkt Ihre Aufmerksamkeit auf den entscheidenden Bereich der Motivation: den Zweck des Kunden. Der Grund ist die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für den Kauf.  Für menschliches Verhalten ist „Bezweckung“ entscheidender als „Begründung“. Zweck sticht Grund.

Die „falschen“ Fragen lauten „Was?“,  „Wie?“, „Wo?“, „Wieviele?“ und alle weiteren W-Fragen. Sie konzentrieren sich auf die Fakten des Produktes. Um auf den Kunden eingehen zu können ist „Wozu?“ die wichtigste W-Frage. Die Frage nach dem Wozu lenkt die  Aufmerksamkeit auf den Bedarf. Das Leben des Kunden und seine Vorstellungen davon definieren den Bedarf, nicht das Produkt. Die Fragen nach Grund und Zweck sind Frage ins Leben. So können Sie den Bedarf des Kunden erkennen und wecken anstatt nur erraten.

Um auf den Kunden einzugehen, muss ich als Verkäufer die richtige Frage mit den richtigen Fragen beantworten und so die Zwecke vor den Fakten ermitteln.

Kunden Nutzen stiften

Marketing und Verkauf sind voll mit leeren Worten: Kundenorientierung, Freundlichkeit, Beratung … und Nutzen. Nutzen ist oftmals zur Worthülse verkommen. Nutzen spielt sich in einer höheren Dimension ab, als wir es üblicherweise sehen.

Vordergründig ist der Nutzen eines Autos der, dass Menschen nicht zu Fuß gehen müssen. Aber der wirkliche Nutzen liegt in der Bedeutung, die es für Kunden hat, nicht mehr zu Fuß gehen zu müssen. Für jeden Kunden kann das etwas anderes bedeuten. Und in den unterschiedlichen  Bedeutungen für unterschiedliche Kunden liegt das Differenzierungspotenzial eines Produktes.

Das hat Auswirkung auf Präsentation, Erklärung, Darstellung von Produkten und deren Nutzen.

Die 4 Dimensionen von Nutzen, ausgedrückt in 4 Fragen:

  1. Was ist es? = Eigenschaft
  2. Was kann es? = Fähigkeit
  3. Wofür taugt es ? = Möglichkeit
  4. Was bringt es? = Bedeutung

Kunde kaufen die Dinge, weil sie für ihr Leben etwas bringen und nicht weil sie etwas sind, können und für etwas taugen. Wahrnehmungsfähigkeit heißt, ein Sensorium für die Bedeutung im Leben des Kunden zu entwickeln.

Manche Verkäufer bleiben in der 3. Dimension stehen. Sie glauben, durch Plädieren für die Eigenschaften, Fähigkeiten und Möglichkeiten eines Produktes würde beim Kunden das „Gefühl des Brauchens“ entstehen. Bedarf entsteht erst dadurch, dass die Produktmöglichkeiten im Leben des Kunden Bedeutung erlangen.

Kunden kaufen erst, wenn die Sache etwas mit ihrem Leben tun hat, für sie relevant ist. Auch wenn sie die Qualität objektiv anerkennen – erst wenn Eigenschaften etwas mit ihrem Leben zu tun haben, werden sie für Kunden zu „Qualität“.

Durch Nutzenargumentation in der 4. Dimension wird der Nutzen für den Kunden kaufrelevant wahrnehmbar. Der Kunde beginnt den Nutzen zu sehen. Die Dimension, in der Sie dem Kunden das Produkt präsentieren, beeinflusst über die Produktwahrnehmung durch den Kunden seine Kaufentscheidung. Auf der Bedeutungsebene wird dem Kunden am besten verdeutlicht, was er davon hat bzw. was für ihn auf dem Spiel steht

Zur Klärung beantworten Sie sich selbst die Fragen:

  1. Woran merkt mein Kunde die Eigenschaften und Fähigkeiten des Produktes?
  2. Was bringen ihm die Verwendungsmöglichkeiten?
  3. Was fehlt Ihm, wenn er das Produkt nicht verwendet?

Um Kunden Nutzen zu stiften, muss ich als Verkäufer dem Kunden die Bedeutung des Produktes für sein Leben bewusst machen und die Bedeutung vor den Möglichkeiten präsentieren.

Offensichtliches bringt keinen Vorsprung

Wenn das Offensichtliche zur Selbstverständlichkeit wird müssen wir die Grenzen des Üblichen überschreiten. Diese Grenzüberschreitung ermöglicht es, die Türe zum Kunden früher zu erkennen und schneller zu durchschreiten als der Mitbewerb.

Sie überschreiten die Grenzen des Üblichen wenn Sie

  • die Dinge mit den Augen des Kunden sehen und sich fragen: „Was verändere ich durch mein Produkt im Leben meines Kunden?“
  • auf den Kunden eingehen und sich fragen: „Welchen Zweck verfolgt mein Kunden?“
  • Nutzen stiften und sich fragen: „Welche Bedeutung hat die Verwirklichung seines Anliegens für den Kunden?“

So machen Sie aus leeren Worten starke Taten. Wahrnehmen heißt zu Ende denken. Ihr Blick für Kunden wird scharf und weit, wenn Sie Ihren Kunden zu Ende denken und nicht zu Tode reden.