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Kundenorientierung – Verkaufen zwischen Müssen und Wollen

ArbeitDie besondere Verantwortlichkeit des Verkaufs liegt darin, Teil des Lebens der Kunden zu sein. Einen Beitrag zu leisten, dass das Leben der Kunden durch den Kontakt mit dem Verkäufer schöner weitergeht als ohne. Ist es nicht traurig, dass Menschen darunter leiden, Teil des Lebens anderer Menschen zu sein. Allgemein ist die Freude an der Arbeit mit Kunden verloren gegangen. Wir sollten daran arbeiten, wieder ehrliche Freude im Kundenkontakt zu finden.

Verkaufen unter Zwang

In vielen Unternehmen sind Verkäufer unter Erfolgsdruck zum Kundenkontakt gezwungen. Zur Verbesserung der Ergebnisse werden sie mit zusätzlichen Verkaufstechniken „aufmunitioniert“ und die Freude am Verkauf bleibt auf der Strecke. Wir brauchen wieder mehr Amateure und Dilettanten, im Sinne von Menschen, die das, was sie im Verkauf tun, lieben (amator, lat. „der Liebhaber“) und sich daran erfreuen (delectare, lat. „sich erfreuen“). Jeder Verkäufer muss den „Amateur“ in sich erfinden. Und die Gesellschaft, also wir alle, muss darauf schauen, dass im Rahmen von Bildung und Ausbildung ein anderes Bild von „Arbeiten“ und „Arbeitsfreude“ entsteht.

Das aktuelle Bild von Arbeit ist eher das eines lästigen, aber notwendigen Übels zum Broterwerb. Denken wir an die Durchhalteparolen auf populären Radiosendern: „Tun Sie sich nichts an, dass das Wochenende vorbei ist, der nächste Freitag kommt bestimmt. Durchhalten, durchhalten!!!“ Davon fühlt sich ein breites Publikum angesprochen. Arbeiten als Durchhalten, Kundenkontakt im Durchhalten macht richtig Stress. Der entlarvendste Satz lautet: „Machen Sie Umsatz, wir sind ja nicht zum Vergnügen hier!“

Die Angst vor dem Selbstverständlichen

Angst sollte kein Thema im Zusammenhang mit Verkaufen sein. Denn Angst lähmt und stresst zugleich. Doch zu viele Verkäufer haben Angst: vor dem Chef, vor den Kunden, vor der Preisverhandlung, vor dem verlorenen Auftrag. Die lähmendste Angst ist die, dass Kunden nicht wissen, was sie wollen. Das macht Verkäufern nach einer aktuellen Untersuchung den meisten Stress. Doch was wäre, wenn Kunden wüssten, was sie wollen. Wäre das nicht das wirklich Beängstigende?

Es ist absurd und tragisch zugleich, wenn Verkäufer unter dem leiden, was die Rechtfertigung ihres Berufes ausmacht. Was kann bei der Grundhaltung „Bergsteigen wäre so schön, wenn es nicht bergauf ginge“ an erfüllten Bergerlebnissen gelingen? Der Hebel zum Erfolg ist bei einer anderen, erweiterten Vorstellung von Verkaufen anzusetzen: Menschen zu unterstützen, weil sie nicht wissen, was sie wollen.

Was bin ich meinem Kunden wirklich? Welchen Wert habe ich für Sie? Worauf müßten sie ohne mich verzichten? Das hat etwas mit dem Image des Verkäufers zu tun und mit der allgemeinen Bereitschaft, gerne für Kunden da zu sein. Über Jahrzehnte wurde das Image aufgebaut, Dienstleistungsgesinnung kann, darf und muss eigentlich keine Freude machen. Somit ist Verkaufen „pfui“ und Kunden haben gefälligst zu wissen, was sie wollen.

Negativer Stress kostet Umsatz und Vertrauen

Im Verkauf geht es um Menschen. Gleichzeitig fehlt in vielen Bereichen des Verkaufs gerade die Menschlichkeit. Und diese Spannung stresst. Jeder trägt sein Scherflein zu diesem negativen Stress bei, auch die Kunden.

Die Verkäufer leisten ihren Beitrag, indem sie sich verkrampfen durch mangelnde Arbeitsfreude und verschwommene Bilder von ihrer eigentlichen Aufgabe. Sie müssten die Kunden lieben, nicht nur deren Geld.

Die Führungskräfte im Verkauf leisten ihren Beitrag zu negativem Stress, indem sie Systeme schaffen und pflegen, die Menschen über Druck steuern sollen. Steuerung ist sinnvoll. Doch die Zahlen zu erreichen und die Pläne zu erfüllen bedeutet nicht mehr automatisch, auch nächstes Jahr noch auf der Payroll zu stehen. Die erbrachte Leistung bewahrt nicht mehr davor, Opfer von Kostensenkungskampagnen und Effizienzsteigerungsprogrammen zu werden. Nichts stresst mehr, als das Gefühl, den Einfluss auf die eigene Entwicklung zu verlieren und immer fremdgesteuerter zu werden. Und Führungskräfte stehen wiederum selbst unter diesem Druck, bis hinauf in die Vorstandsetagen.

Und schliesslich leisten die Kunden ihren Beitrag zum Verkäuferstress. Jeder Kunde bringt seine Geschichte mit persönlichen Enttäuschungen, Verletzungen und Irritationen durch Verkäufer mit und verhält sich dementsprechend. Für viele Kunden sind Verkäufer zu gefährlichen Gegnern geworden. Und das daraus resultierende Kundenverhalten macht dem Verkäufer negativen Stress.

Wie Lust auf Kunden entsteht

Nur Verkäufer und Unternehmen, die an ihren Kunden und an ihren Mitarbeitern ehrliches menschliches Interesse zeigen, finden langfristig am Verkaufen Freude und können so am Markt erfolgreich sein. Ohne Wertschätzung kann es keine Wertschöpfung mehr geben.

Und dazu sollten Verkäufer drei Bilder reflektieren:

  1. das Bild von sich selbst,
  2. das Bild von Kunden und
  3. das Bild von der verkäuferischen Arbeit

Gleichzeitig geht es um eine Neuausrichtung der Kundenorientierung bei den Unternehmen: weg vom Interesse am Geld des Kunden hin zum Interesse an seinem Leben – Kunden als Menschen und nicht nur als Umsatzbringer. Für Geld brennt man nicht, für Geld verbrennt man. Dort liegt die Wurzel des Stress der Verkäufer. Geld ist nur Mittel zum Zweck. Die Schlüsselfrage lautet: Was ist unser Zweck? Als Verkäufer, als Verkaufsmannschaft, als Unternehmen. Wir müssen Verkaufen anders und weiter denken.

Dazu sind alle aufgerufen. Der Einzelne, indem er im Rahmen seines verkäuferischen Werdegangs auf sich schaut

  • beginnend bei der Berufswahl,
  • weiters bei der Entscheidung für eine Firma
  • bei seiner weiteren Karriereentwicklung
  • bis zur allfälligen „Notbremse“.

Und die Unternehmen müssen darauf schauen

  • Mitarbeitern eine faszinierende Orientierung anbieten zu können, die über Umsatzgenerierung und Ertragsmaximierung hinausgeht
  • im Rahmen der Personalauswahl die zu dieser Orientierung passendsten Mitarbeiter zu finden
  • den Erfolgsdruck = Umsatzdruck zu neutralisieren
  • schlussendlich einen wertschätzenden Umgang miteinander zu pflegen

Der größte Widersacher echter Servicekultur ist mangelnde Wertschätzung gegenüber Menschen. Ein Verkäufer, dem es schwerfällt Kunden anzulächeln, weil er muss statt will, gefährdet das Geschäft.