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Sei freundlich, der Kunde zahlt Dein Gehalt – Lächeln zwischen Müssen und Wollen

Markt machen heißt, Selbstverständliches in Frage zu stellen

Die „Legende vom gesättigten Markt“ entsteht durch gedankliche Muster, die ich in „7 Kapitel von begrenzenden Selbstverständlichkeiten“ zusammengefasst habe.
Diese Selbstverständlichkeiten bauen aufeinander auf, beeinflussen und bedingen einander. Ihre Kultivierung täuscht Marktsättigung vor.

Kapitel 1 Wachstum ist eine Gerade nach oben? lesen Sie hier.
Kapitel 2 Kennen wir unser Geschäft und unseren Markt wirklich? lesen Sie hier.
Kapitel 3 Mehr können wir für unsere Kunden nicht tun? lesen Sie hier.
Kapitel 4 Mit unserer Leistung lösen wir die Probleme der Kunden? lesen Sie hier.
Kapitel 5 Es gibt immer einen guten Grund bei uns zu kaufen? lesen Sie hier.
Kapitel 6 Verkaufen ist schwierig, wenn der Kunde nicht weiß, was er will? lesen Sie hier.

Kapitel 7: Sei freundlich, der Kunde zahlt dein Gehalt – Lächeln zwischen Müssen und Wollen

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Siebte und letzte begrenzende Selbstverständlichkeit: Sei freundlich, der Kunde zahlt dein Gehalt – Lächeln zwischen Müssen und Wollen

Lächle_der_Gast_zahlt„Der Kunde bezahlt unsere Gehälter!“ Diese Feststellung ist eine der gängigsten Begründungen für kundenorientiertes Verhalten. In vielen Unternehmen gilt sie als Richtlinie zur Orientierung der Mitarbeiter in Richtung Markt. Und in Wirklichkeit ist sie der Anfang vom Ende der Kundenorientierung und der Ursprung allen Übels von gesättigten Märkten.

Der Logik hinter dieser Feststellung unterstellt, dass Menschen sich ihre Freundlichkeit abkaufen lassen – dass sie sich um Kunden nur kümmern, weil sie belohnt oder nicht bestraft werden wollen. Und das bedeutet, dass die Kunden und Ihre Wünsche eigentlich nebensächlich werden. Es geht nur darum, an das Geld der Kunden zu kommen und den eigenen Arbeitsplatz zu behalten.

Kundenorientierung nicht aus, sondern mit Zweck

Doch leider: für Geld brennt man nicht, für Geld verbrennt man, und Freundlichkeit aus Angst macht Angst. Belohnung und Bestrafung sind nur Mittel zum Zweck. Die Schlüsselfrage in engen Märkten lautet daher: was ist unser Zweck? Wozu tun wir, was wir am Markt für Kunden tun? Verkäufer, Vertriebsteam und Unternehmen müssen den Zweck der Kundenbetreuung anders denken und weiter sehen.

Der besondere Zweck des Verkaufs liegt darin, Teil des Lebens von Kunden zu sein. Es geht um die enorme Verantwortung einen Beitrag zur Verbesserung des Lebens der Kunden zu leisten. Wäre es nicht traurig, wenn Menschen diese Verantwortung nur des Geldes oder des Arbeitsplatzes wegen wahrnehmen? „Söldner“ oder „Überzeugungstäter“? Dadurch würde ja die Freude an der Arbeit mit Kunden gefährdet oder gar abhanden kommen. Zur Vermeidung gesättigter Märkte hilft es daran zu arbeiten, wieder Freude im und am Kundenkontakt zu finden. Das ist die Basis von Servicequalität.

Verkaufen unter Zwang

In vielen Unternehmen sind Verkäufer unter Erfolgsdruck zum Kundenkontakt gezwungen. Zur Steigerung der Umsätze werden sie mit weiterführenden Verkaufstechniken „aufmunitioniert“. Genau damit bleibt aber zu oft die Freude am Verkauf auf der Strecke und mit ihr die Wahrnehmungsfähigkeit für sich bietende Marktchancen.

Wo wir doch mehr Amateure und Dilettanten brauchen. Menschen, die das, was sie im Verkauf tun, lieben (amator, lat. „der Liebhaber“) und sich daran erfreuen (delectare, lat. „sich erfreuen“). Jeder Verkäufer muss den „Amateur“ in sich erfinden. Der entlarvendste Satz im Vertrieb lautet: „Machen Sie Umsatz, wir sind ja nicht zum Vergnügen hier!“

Angst isst die Seele auf

Angst sollte kein Thema im Zusammenhang mit Verkauf sein. Angst lähmt und stresst zugleich. Doch zu viele Verkäufer haben Angst: vor dem Chef, vor den Kunden, vor der Preisverhandlung, vor dem verlorenen Auftrag. Mit allen Marktaktivitäten versuchen sie, diese Angst zu besiegen. Eigennutz vor Kundennutzen. Das nimmt dem Verkauf die Seele. Der Hebel ist dort anzusetzen, wo es um ein anderes, erweitertes Bild von Servicequalität geht.

Was bin ich meinem Kunden wirklich? Darauf sollten alle im Verkauf Tätigen eine klare Antwort haben. Das hat etwas mit dem Image des Verkäufers zu tun und mit der allgemeinen Bereitschaft, gerne für Kunden da zu sein. Über Jahrzehnte wurde das Image aufgebaut, Dienstleistungsgesinnung kann, darf und muss eigentlich keine Freude machen. Somit ist Verkaufen „pfui“ und dient nur der Steigerung des Einkommens und der Sicherung des Arbeitsplatzes.

Ungesunder Druck kostet Umsatz und sättigt Märkte

Im Verkauf geht es um Menschen, doch fehlt in vielen Bereichen des Verkaufs gerade die Menschlichkeit. Und diese Spannung stresst. Jeder trägt sein Scherflein zu diesem Druck bei, auch die Kunden.

Durch mangelnde Arbeitsfreude und unklare Bilder von ihrer eigentlichen Aufgabe leisten die Verkäufer ihren Beitrag. Sie sollten auch die Kunden lieben, nicht nur deren Geld.

Die Führungskräfte im Verkauf leisten ihren Beitrag, indem sie Systeme schaffen und pflegen, die Menschen über Druck steuern wollen. Erfolgreich zu verkaufen, Zahlen zu erreichen und Pläne zu erfüllen bedeutet heute aber nicht mehr automatisch, auch nächstes Jahr noch auf der Payroll zu stehen. Die erbrachte Leistung bewahrt nicht mehr davor, Opfer von Kostensenkungskampagnen und Effizienzsteigerungs- programmen zu werden. Nichts stresst mehr, als das Gefühl, den Einfluss auf die eigene Entwicklung zu verlieren und immer fremdgesteuerter zu werden. Und Führungskräfte stehen wiederum selbst unter diesem Druck, bis hinauf in die Vorstandsetagen.

Und schliesslich leisten die Kunden ihren Beitrag. Sie bringen ihre Geschichte mit persönlichen Enttäuschungen, Verletzungen und Irritationen durch Verkäufer mit und verhalten sich dementsprechend. Für viele Kunden sind Verkäufer zu gefährlichen Gegnern geworden. Und das daraus resultierende Kundenverhalten macht dem Verkäufer ungesunden Druck, der ihn in der Marktwahrnehmung einschränkt.

Wie Lust auf Kunden entsteht

Für Verkäufer und Unternehmen, die an ihren Kunden und an ihren Mitarbeitern ehrliches menschliches Interesse haben, sind die Chancen am Markt unbegrenzt. Ohne Wertschätzung kann es langfristig keine Wertschöpfung mehr geben.

Und dazu sollten Verkäufer drei Bilder reflektieren:
1. das Bild von sich selbst
2. das Bild von Kunden
3. das Bild vom Wert der verkäuferischen Arbeit

Gleichzeitig geht es um eine Umorientierung der Servicekultur bei den Unternehmen: vom Interesse am Geld der Kunden zum Interesse an ihrem Leben – Kunden als Menschen und nicht nur als Umsatzbringer.

Dazu sind alle aufgerufen. Der Einzelne, indem er im Rahmen seines verkäuferischen Werdegangs auf sich schaut

  • beginnend bei der Berufswahl,
  • weiters bei der Entscheidung für eine Firma
  • bei seiner weiteren Karriereentwicklung
  • bis zur allfälligen „Notbremse“.

Und die Unternehmen müssen darauf schauen

  • Mitarbeitern eine sinngebende Orientierung anbieten zu können, die über Ertragsmaximierung und Arbeitsplatzsicherung hinausgeht
  • im Rahmen der Personalauswahl die zu dieser Orientierung passendsten Mitarbeiter zu finden
  • den Erfolgsdruck = Umsatzdruck zu neutralisieren
  • schlussendlich einen wertschätzenden Umgang miteinander zu pflegen.So groß kann der Markt gar nicht sein: Verkäufer, die Kunden anlächeln müssen statt es zu wollen, sind eine Gefahr für das Geschäft und den Erfolg am Markt.

Schlussfolgerungen

Wirtschaft und Märkte können nicht losgelöst gesehen werden von den gesellschaftlichen Entwicklungen. Und die gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen wie Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Reformen der Sozialsysteme, Budgetknappheit könnten zwei grundlegend verschiede Typen von Konsumenten hervorbringen, die mit unseren Selbstverständlichkeiten, die für die „alten“ Durchschnittsverbraucher eventuell brauchbar waren, nicht bedient werden können.

Auf der einen Seite fallen immer mehr Menschen teilweise oder ganz aus dem Erwerbsleben heraus, leben von Ersparnissen, staatlichen Überbrückungen und Schwarzarbeit. Und die, die im Erwerbsleben bleiben, erleben auch ein Down-Trading ihrer Einkommen, indem sie Sicherheit gegen sinkendes Einkommen eintau- schen. Das werden die Konsumenten sein, die viel Zeit haben und wenig Geld. Time Rich – Money Poor.

Und dann gibt es die andere Gruppe und die auch größer wird, Turbo-Arbeiter mit ständig sinkenden Zeitreserven, Hard Working Couples, Power-Ladies, neue Karrieristen. Selbst einfache Angestellte müssen wieder ein deutliches Mehr an beruflichem Engagement zeigen. Besonders für die Familien steigt damit die Zeit- und Aufmerksamkeitsnot in immer komplexeren Alltagssituationen. Time Poor – Money Rich.

Diese beiden Konsumkulturen werden sich auseinander entwickeln. Die eine ist passiv, nur am Schnäppchen orientiert, die andere hat mit dem Handling materieller Güter immer mehr Probleme und sucht nach Dienstleistungen, die Komplexität ihres Lebens erleichtern. („Das neue Auto ist nicht das Problem, wo kriege ich eine verlässliche Putzfrau her?“)

Das heißt, hier gehen Märkte auf, die bedient werden wollen. Und zu Ihrer Befriedigung bedarf es dieses Perspektivenwechsels in der Marktwahrnehmung und -bearbeitung, über die Sie im letzten Jahr hier in den 7 Kapitenln der „Legende vom gesättigten Markt“ gelesen haben.

Wozu ich Sie aufrufen wollte, ist eine Art „Kopernikanische Wende“ in der Servicekultur:

1. Fortschritt ➜ Entwicklung
2. Ding ➜ Beziehungen
3. Produkt ➜ Markt
4. Tun ➜ Bewirken
5. Probleme ➜ Anliegen
6. Brauchen ➜ Wollen
7. Umsatzbringer ➜ Menschen

„Neue Märkte durch neues Denken!“ oder als Grundsatz der Shaolin-Mönche: „Es ist Dein Denken, das Dich unbesiegbar macht!“