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Mitarbeiterzufriedenheit auf dem Prüfstand

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Regelmäßig werden wir von Studien und Befragungen aufgeschreckt. Eine Reihe von honorigen Einrichtungen erhebt periodisch die Befindlichkeiten in- und ausländischer Erwerbstätiger am Arbeitsplatz. Engagement, Zufriedenheit, Loyalität, Motivation, Bindung, Arbeitsklima, Wechselbereitschaft und vieles mehr werden untersucht. Für alles werden Indizes gebildet, die einmal die Katastrophe ausdrücken und eine Woche später zu Jubel Anlass geben sollen. Alle diese Befindlichkeitsmessungen werden von den Medien dankbar aufgenommen und an prominenter Stelle veröffentlicht. Doch was stimmt? Wo man mit Statistik angeblich doch alles beweisen kann, auch das Gegenteil. Hier erfahren Sie, wie Sie die Empirie selbst auf ihre Evidenz überprüfen können und mit dem Ergebnis umgehen sollten.

Erwerbsarbeit hat einen schlechten Ruf

Die Ergebnisse sind nicht eindeutig, die negativen Schlagzeilen lauten etwa: 84 Prozent leisten nur noch Dienst nach Vorschrift, Berufszufriedenheit deutlich gesunken, Mehr als ein Drittel der Mitarbeiter sind nicht motiviert, Zwei Drittel der Arbeitnehmer liebäugeln mit Stellenwechsel, Jeder Vierte sucht eine neue Stelle, 23,1 Millionen Arbeitnehmer liefern nicht den höchstmöglichen Einsatz, Lediglich 14 Prozent der Arbeitnehmer sind hochmotiviert, Fast jeder vierte Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt, Mitarbeiter halten Leistung zurück. Das sind Beispiele für negative Schlagzeilen.

Es wird aber auch vereinzelt Positives berichtet: Arbeitsfrust ist Ausnahme, Menschen lieben ihren Job, Innere Kündigung weiterhin auf niedrigem Stand, Jeder Zweite ist glücklich im Job. Ist das nicht wieder ein Beleg dafür, dass man jede Statistik nach dem jeweilig erwünschten Ergebnis deuten kann? Insgesamt nimmt bei all diesen Zahlen doch der Eindruck zu, um die Leistungsbereitschaft scheint es allgemein nicht zum Besten bestellt. Wir haben zu wenige Mitarbeiter, die mit Engagement für ihr Unternehmen und ihre Kunden arbeiten. Als Stätte des Broterwerbs reicht es gerade noch, manchmal nicht einmal mehr das. Aber Begeisterung, Freude, Leidenschaft …?

Machen Sie den Test

Wenn Ihnen die Schlagzeilen zu negativ oder zu widersprüchlich sind, machen Sie Ihr eigenes phänomenologisches Experiment. Klingt kompliziert, ist es nicht. Gewinnen Sie Erkenntnis aus wahrnehmbaren Erscheinungen, so genannten Phänomenen. Die Versuchsanordnung ist denkbar einfach: Zum Abschluss eines gelungenen Wochenendes suchen Sie ein gut besuchtes Lokal auf. Wichtig ist, dass die anderen Gäste dort in guter Stimmung sind. Lassen Sie sich von der Feierlaune anstecken. Wenn Sie und die anderen Gäste in Fahrt sind, führen Sie das Experiment folgendermaßen durch:

Sie stehen auf und rufen mit starker Stimme, so dass alle Gäste Sie klar und deutlich hören können: »Schade, dass das Wochenende zu Ende geht. Aber ich freue mich auf die morgige Arbeit!« Jetzt brauchen Sie nur mehr auf die Reaktionen zu warten. Womit rechnen Sie in Ihrem Lokal? Mit Jubel und Zustimmung oder mit Verwunderung und Unverständnis? In jedem Fall haben Sie Ihre Erkenntnis über die Vertrauenswürdigkeit von Befragungen zum Stellenwert von Arbeitsfreude in unserer Gesellschaft. Mein Testergebnis zeigte mir, dass die Stimmung, wenn nicht verschwunden, so doch eine Zeit lang gefährdet war.

Die eigene Überprüfung der Befragungen bestätigt: Arbeitsfreude gilt bei uns als milde Form einer Erkrankung. Wie mit dieser milden Krankheit umgehen?

Alles nicht so schlimm?

Entwarnung ist in Aussicht! Es gibt ja gottlob auch die Meinung, dass es gar nicht notwendig sei, in der Arbeit Freude zu empfinden. Es sei naiv, Begeisterung, Leidenschaft oder gar Glück zu erwarten. Mehr noch sei es sogar gefährlich und verantwortungslos. Denn erst dieser Anspruch führe zu Frustration und Depression. Die Wahrheit wäre vielmehr: Arbeit ist nicht schön! Wer anderes behaupte, sei entweder geisteskrank, übelwollend oder bestochen. Daher: Arbeit ist Broterwerb, ein Tausch von Zeit gegen Geld. Basta. Spaß und Vergnügen darf man nicht in der Arbeit suchen. Diese Gefühlsregungen sind anderswo zu Hause, am ehesten in der Freizeit.

Lassen Sie sich nicht unter diesen sozialen Druck bringen. Auch wenn Ihnen Ihr Umfeld verbieten will, Freude an der Arbeit zu haben: Geben Sie nicht nach. Denn es ist gar nicht sicher, ob die Ächtung der Arbeit das Problem tatsächlich löst. Nehmen wir einmal an, es wäre wirklich so: Arbeit kann, muss und darf keine Freude machen; Arbeit ist nur ein unvermeidlicher Tausch von Zeit gegen Geld; Arbeit ist ein notwendiges Übel. Wäre es dann nicht trotzdem gesünder, diese notwendige Zeit vergnügt zu verbringen als verdrossen?

Einstellung macht Arbeit erträglich

Ja, die Erwerbsarbeit hatte zu allen Zeiten ein Imageproblem. Aber lassen Sie sich die Freude daran nicht zu sehr vom Zeitgeist verderben. Orientieren Sie sich doch besser am Grundprinzip:»Denke stets so, dass du deine Möglichkeiten verbesserst.« Ein Onkel von mir brachte die Logik auf den Punkt: Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem.

Wenn Erwerbsarbeit auch für Sie eine Notwendigkeit ist, dann haben Sie zwei Möglichkeiten: Sie erledigen das Notwendige in guter Laune oder Sie erledigen das Notwendige in schlechter Laune. Beides versucht, kein Vergleich. Meine Erfahrung sagt mir: Die erste Variante ist die angenehmere. Für mich und für alle anderen, die von meiner Arbeit betroffen sind.

In guter Laune habe ich bessere Ideen und liefere bessere Ergebnisse. Weil man gut macht, was man gerne macht. Und weil man besser macht, was man lieber macht. Dafür nehme ich meine milde Krankheit Arbeitsfreude gerne in Kauf. Und wie steht es mit Ihnen?

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